Abschlagszahlung: Liquidität sichern bei langfristigen Projekten
Als Teilzahlung für bereits erbrachte Werkleistungen vor der Schlussrechnung dient eine Abschlagszahlung. Sie ermöglicht es Auftragnehmern, während längerer Projekte einen kontinuierlichen Geldfluss zu haben, und reduziert so das finanzielle Risiko für beide Vertragsparteien.
Nach § 632a BGB haben Auftragnehmer das gesetzliche Recht, Abschlagszahlungen in Höhe des Wertes ihrer bereits erbrachten Leistungen zu erhalten. Die rechtlichen Grundlagen der Abschlagszahlung und wie sie praktisch angewendet wird, werden Ihnen in diesem Artikel vorgestellt.
Gesetzliche Grundlagen gemäß BGB und VOB
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht in § 632a BGB das Grundrecht auf Abschlagszahlungen bei Werkverträgen vor. Jeder Unternehmer kann vom Auftraggeber eine Abschlagszahlung in Höhe des Wertes der Leistungen, die er bereits erbracht und die ihm geschuldet werden, verlangen. Mit der Bauvertragsreform wurde diese Regelung gestärkt und es wurde klargemacht, dass der Wert der erbrachten Leistung entscheidend ist, nicht der Wertzuwachs beim Auftraggeber.
In § 16 der VOB/B sind die Regelungen für Bauverträge genauer festgelegt. Nach VOB-Verträgen sind Abschlagszahlungen fällig, wenn die prüfbare Aufstellung 21 Tage zuvor dem Auftraggeber zugegangen ist. Diese Frist ist zwingend und wird durch eine Prüfung des Architekten nicht verlängert. Nach 30 Tagen tritt automatisch Verzug ein, ohne dass eine Mahnung notwendig ist.
Der wesentliche Unterschied zwischen BGB und VOB ist die Fälligkeit. Nach den Bestimmungen des BGB ist die Abschlagszahlung fällig, sobald die prüfbare Rechnung übergeben wurde. Nach der VOB hat der Auftraggeber eine Prüffrist von 21 Tagen. Eine Leistung, die im Wesentlichen frei von Mängeln ist, wird von beiden Regelwerken jedoch vorausgesetzt.
Voraussetzungen für wirksame Abschlagsforderungen
Um als Auftragnehmer eine berechtigte Abschlagsforderung zu stellen, müssen Sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die erbrachte Teilleistung muss vertragsgemäß und im Wesentlichen frei von Mängeln sein. Zeigt die Leistung erhebliche Mängel, kann der Auftraggeber die Zahlung verweigern, bis Sie diese behoben haben.
Eine prüfbare Aufstellung Ihrer erbrachten Leistungen ist erforderlich. Mit dieser Aufstellung wird genau festgehalten, welche Arbeiten Sie erledigt haben und welchen Wert sie darstellen. Im Baubereich wird dies oft durch ein Aufmaß oder eine detaillierte Leistungsbeschreibung erreicht. Der Wert der tatsächlich erbrachten Leistung muss höher sein als die Höhe der Abschlagszahlung.
Ein gesetzlich geregelter Anspruch besteht, solange er nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) versuchen Großauftraggeber häufig, Abschlagszahlungen auszuschließen. Überprüfen Sie Verträge gründlich und bestehen Sie auf Ihrem gesetzlichen Recht.
Korrekte Abschlagsrechnung erstellen
Alle Pflichtangaben einer ordnungsgemäßen Rechnung müssen in einer Abschlagsrechnung enthalten sein. Das Dokument muss eindeutig als "Abschlagsrechnung" gekennzeichnet und fortlaufend nummeriert werden. Bitte nennen Sie den Zeitraum, in dem die Leistungen erbracht wurden, und beschreiben Sie sie konkret. Der Nettobetrag, der Steuersatz und der Steuerbetrag sind auf der Rechnung separat auszuweisen.
Bei der kumulativen Abrechnung listen Sie alle bisherigen Leistungen auf und ziehen die Zahlungen ab, die Sie bereits erhalten haben. Mit dieser Methode erhalten beide Parteien einen umfassenden Überblick über den Projektstand. Bei der Einzelabrechnung fakturieren Sie lediglich die Leistungen, die Sie im jeweiligen Zeitraum erbracht haben. Die kumulative Variante ist zwar nicht erforderlich, aber sie ist die bessere Wahl, da sie Missverständnisse vermeidet.
Erfassen Sie in der Abschlagsrechnung auch geliefertes Material und speziell angefertigte Bauteile. Das Recht auf Abschlagszahlungen umfasst mehr als nur reine Arbeitsleistungen. Es wird vorausgesetzt, dass das Material entweder bereits auf der Baustelle angeliefert oder die Bauteile fertiggestellt sind.
Zahlungsfristen und Verzugsfolgen
Abhängig von der Vertragsgrundlage variieren die Zahlungsbedingungen erheblich. Nach der Rechnungsstellung ist die Abschlagszahlung bei BGB-Werkverträgen sofort fällig. Nach 30 Tagen ohne Mahnung gerät der Auftraggeber automatisch in Verzug. Als Unternehmer müssen Sie bei Verbrauchern auf diese Rechtsfolge in der Rechnung hinweisen.
Nach VOB-Verträgen beträgt die Zahlungsfrist 21 Tage, nachdem die Rechnung eingegangen ist. Nach Ablauf dieser Frist haben Sie Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Im Falle eines Zahlungsverzugs haben Sie das Recht, die Arbeiten einzustellen. Schreiben Sie dem Auftraggeber eine schriftliche Ankündigung und setzen Sie eine angemessene Nachfrist.
Alle Zahlungseingänge und Mahnungen sollten Sie sorgfältig dokumentieren. Machen Sie zukünftige Leistungen von Vorauszahlungen abhängig, wenn jemand wiederholt in Zahlungsverzug gerät. Setzen Sie Ihr Zurückbehaltungsrecht als Druckmittel ein, aber achten Sie auf die Verhältnismäßigkeit.
Steuerliche Behandlung und Buchführung
Abschlagszahlungen sind der Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften unterworfen. Die Sollversteuerung erfasst die Steuerschuld bereits mit der Rechnungsstellung, während sie bei der Istversteuerung erst mit dem Zahlungseingang entsteht. Um ihre Liquidität zu verbessern, setzen die meisten KMU im Bauwesen die Istversteuerung ein.
In der Buchführung werden erhaltene Abschlagszahlungen als "erhaltene Anzahlungen" auf der Passivseite der Bilanz erfasst. Erbrachte Abschläge werden unter "Forderungen aus Lieferungen und Leistungen" aktiviert. Die BWA des DATEV Branchenpakets Bau und Handwerk wurde im Jahr 2023 überarbeitet; sie kann nun Abschlagsrechnungen gesondert ausweisen. Das verbessert die Transparenz für Gläubiger erheblich.
Abgrenzung zu anderen Zahlungsarten
Abschlagszahlungen sind grundlegend verschieden von Anzahlungen. Eine Anzahlung wird oft schon bei Vertragsabschluss vor der Leistungserbringung geleistet. Eine Abschlagszahlung setzt voraus, dass bereits Teilleistungen erbracht wurden. Diese Unterscheidung hat erhebliche rechtliche und steuerliche Auswirkungen.
Nach § 16 Abs. 2 VOB/B sind Vorauszahlungen ebenfalls separat von Abschlagszahlungen zu betrachten. Sie finanzieren Leistungen, die noch nicht erbracht wurden, und werden mit der nächsten Abschlagszahlung verrechnet. Der Auftraggeber hat das Recht, für Vorauszahlungen eine Sicherheitsleistung zu verlangen.
Im Arbeitsrecht sind Abschlagszahlungen vorläufige Lohn- oder Gehaltszahlungen, die man in geschätzter Höhe erhält. Die genaue Abrechnung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Im Gegensatz dazu ist ein Gehaltsvorschuss eine Zahlung auf Entgelt, das noch nicht verdient wurde, und muss entweder zurückgezahlt oder verrechnet werden.
Schlussrechnung beim Projektabschluss
Mit der Schlussrechnung wird das Abrechnungsverfahren abgeschlossen und sie stellt alle weiteren Forderungen dar. Listen Sie alle Projektleistungen darin vollständig auf. Abziehen sollten Sie alle erhaltenen Abschlagszahlungen zusammen mit den entsprechenden Steuerbeträgen. Die Schlussforderung setzt sich aus dem verbleibenden Restbetrag und der Umsatzsteuer zusammen.
Überprüfen Sie alle Leistungen auf Vollständigkeit, bevor Sie die Schlussrechnung erstellen. Vergessene Positionen können nach der Einreichung der Schlussrechnung nicht mehr nachgefordert werden. Nach der VOB/B wird die Schlussrechnung "alsbald nach Prüfung und Feststellung" fällig, jedoch spätestens nach 30 Tagen.
Weist der Auftraggeber Teile der Schlussrechnung zurück, so muss er den unstrittigen Teil sofort begleichen. Halten Sie eventuelle Einwände fest und klären Sie sie zeitnah. Ein Werk gilt als abgenommen, wenn die Schlussrechnung vorbehaltlos bezahlt wurde.
Branchenspezifische Besonderheiten
Bauwesen
Im Bauwesen sind Abschlagszahlungen überlebenswichtig. Angesichts der aktuellen Krise, in der 2024 ein Anstieg der Insolvenzen um 19,4 Prozent zu verzeichnen war, sind sie überlebenswichtig. Zahlungspläne sollten Sie vereinbaren, die sich an konkreten Bauabschnitten orientieren. Rechnen Sie bei öffentlichen Auftraggebern mit längeren Zahlungsfristen - 19,5 Prozent der Bauunternehmen geben an, dass sie Zahlungen erst nach 30 Tagen erhalten.
Energieversorgung
Energieversorger setzen monatliche Abschlagszahlungen ein, um die Jahresrechnung zu glätten. Die Verbraucherzentralen raten dazu, die Abschläge regelmäßig an den tatsächlichen Verbrauch anzupassen. Kunden können bei Preiserhöhungen von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen.
IT-Dienstleistungen
IT-Dienstleister sollten Vereinbarungen über Abschläge nach erreichten Meilensteinen in Softwareprojekten treffen. Legen Sie messbare Teilziele fest und verknüpfen Sie Zahlungen mit deren Erreichung. In agilen Projekten sind Zwischenabschläge nach Sprints üblich.
Die wichtigsten Punkte im Überblick
- Abschlagszahlungen sind Ihr gesetzliches Recht bei Werkverträgen - der Anspruch besteht auch ohne vertragliche Regelung gemäß § 632a BGB
- VOB-Verträge haben eine Zahlungsfrist von 21 Tagen, während BGB-Verträge sofort fällig sind - nach 30 Tagen tritt automatisch Verzug ein
- Die Höhe der Abschlagszahlung bemisst sich nach dem Wert der erbrachten Leistung, nicht nach dem Wertzuwachs beim Auftraggeber
- Dokumentieren Sie alle Teilleistungen in prüfbaren Aufstellungen und kennzeichnen Sie Rechnungen deutlich
- Nutzen Sie die Istversteuerung zur Schonung der Liquidität - die Umsatzsteuer wird erst bei Zahlungseingang fällig
Eine richtige Handhabung von Abschlagszahlungen ist entscheidend für Ihre Liquidität und minimiert das Risiko von Ausfällen. Bestehen Sie auf Ihrem gesetzlichen Recht und halten Sie alle Leistungen sorgfältig fest. Nutzen Sie spezialisierte Software wie Informer, um Ihre Abschlagszahlungen rechtssicher zu verwalten und abzurechnen.
Vorteile
